Aus Anlass des Weltfriedenstages wurde unsere derzeitige Sonderausstellung zum Kriegsende im Anschluss an eine Friedensandacht am 1. September 2020 in der Borsdorfer Kirche präsentiert. Unter den Besuchern befand sich Herr Günter Kronisch (Jahrgang 1935). Auf den Tafeln über Flüchtlinge und Vertriebene 1945 in Borsdorf von Autor Detlef Kupfer, fand er in einer umfangreichen Liste den Namen seiner Familie mit der Anschrift „Jugendheim“. An viele Einzelheiten erinnert sich der damals Zehnjährige. Im Januar 1945 wurde seine Mutter mit ihren drei Kindern in Hindenburg in Oberschlesien (heute Zabrze) in einen Zug gesteckt mit dem Versprechen, dass sie bald zurückkommen können. Nach sechstägiger Fahrt zusammen mit verwundeten Soldaten wurden die Zuginsassen über Sachsen verteilt. Am 28 .Januar kamen Kronischs in Borsdorf an. Sie fanden ihre erste Bleibe in einem Klassenzimmer der Schule. Nach kurzer Zeit zog die Mutter mit ihren Kindern in das „Jugendheim“ in der Nordstraße. Hauptsächlich an zwei Dinge erinnert sich der heute 85- jährige: Hunger und Kälte. Er kann auch noch die Tagesration für die Familie benennen – ein Zweipfundbrot. Später fanden Kronischs ihre endgültige Bleibe in einer Wohnung in der heutigen Althener Straße 5. Noch heute bewirtschaftet er einen großen Garten in der gleichen Straße. Es ist nur schwer vorstellbar, was Vertriebene in dieser Zeit erduldet haben. Bewundernswert ist aber auch, was die damalige Gemeindeverwaltung leisten musste, um den unendlichen Flüchtlingsstrom zu bewältigen.
Text: Lorenz Uhlmann, Foto: Detlef Kupfer